BONN. Rund 30 Studenten
besuchen normalerweise die Vorlesung „Der Islam und die Moderne“ - im
Wintersemester 2001 / 2002 waren es deutlich mehr: Etwa 100 Zuhörer
strömten da in den Hörsaal. Dass sich das Interesse an der
Vortragsreihe mehr als verdreifacht hat, hängt - da ist sich Nusrat
Sheikh sicher - mit dem 11. September 2001 zusammen. Die junge
Islamwissenschaftlerin hat beobachtet, dass große Teile der Bevölkerung
erst nach dem von islamischen Fundamentalisten verübten Terroranschlag
auf die USA bereit waren, sich mit der orientalischen Welt
auseinanderzusetzen - und mit dem Verein „ORIENTation“.
Schon
im Mai 2000 hat Nusrat Sheikh den „Interdisziplinären Studentischen
Verein für Orientalische Studien“ zusammen mit zehn anderen Studenten
gegründet. „Aber erst nach dem 11. September ist man wirklich auf uns
aufmerksam geworden“, berichtet Sheikh. Bonner Schulen laden die jungen
Wissenschaftler inzwischen gerne ein, damit sie den Schülern den
orientalisch-islamischen Kulturkreis näherbringen; Vorträge haben sie
auch etwa beim Johanniterorden oder bei der Evangelischen Gemeinde
Troisdorf gehalten. Außerdem präsentierte „ORIENTation“ im Sommer in
der Universität eine kritisch-lustige Filmreihe zum Thema „Der Orient
lacht“. Gezeigt wurden ein persischer, ein arabischer und ein
türkischer Film - mit deutschen Untertiteln. Wichtig ist den
Vereinsmitgliedern vor allem, eine Brücke zwischen der
islamwissenschaftlichen Forschung einerseits und der breiten
Öffentlichkeit außerhalb der Universität andererseits zu schlagen. „Wir
wollen einen Beitrag zur allgemeinen Bildung leisten“, betont Sheikh,
die pakistanischer Herkunft ist und sich selbst als „Bönnsches Mädel“
sieht. Um dem zunehmenden Informationsbedarf gerecht zu werden, hat
„ORIENTation“ im Januar ein Diskussionsforum im Haus der Geschichte
veranstaltet. 150 Leute kamen, um über das deutsch-islamische
„Miteinander - Nebeneinander - Gegeneinander“ zu sprechen.
„ORIENTation“
will aber nicht nur zwischen Deutschen und Angehörigen des
orientalischen Kulturkreises vermitteln. „Es geht uns auch um den
innerislamischen Dialog“, sagt Hayac Dine. Die in Bonn geborene
Muslimin marokkanischer Abstammung erzählt, dass ihre türkische
Freundin überrascht war, als sie sah, dass Marokkaner anders beten als
Türken. „Muslime unterschiedlicher Nationen sprechen normalerweise
nicht über den Islam“, meint auch Cemile Giousouf, deren Eltern der
türkischen Minderheit in Griechenland angehören. Als religiös und
politisch unabhängiger Verein hat „ORIENTation“ auch Christen in seinen
Reihen. Schatzmeisterin Anja Erbel etwa, die halb libanesischer und
halb deutscher Herkunft ist und schon mal auf die Homepage hinweist, an
der „ORIENTation“ gerade arbeitet. Wer den Verein kontaktieren möchte,
kann dies schon jetzt tun über die Email-Adresse orientation@gmx.de.